Horen, Göttinnen des Zeitenwechsels
Die Horen sind schöne, den Menschen wohlgesinnte Göttinnen und Töchter des Zeus und der Themis. Sie stehen für Ordnung und Jahreszeiten und überwachen das geregelte Leben. An einem Webstuhl sollen sie das Leben eines Menschen bestimmt und gewebt haben.
Wie Homer in seiner „Ilias“ berichtet, überwachen sie außerdem die Himmelstore, indem sie das dichte Gewölk unter Donnerdröhnen weg- oder vorschieben. Es gibt drei Generationen der Horen, sowie eine Hore für jede Stunde des Tages.
Horen | schöne Göttinnen des Wolkenwassers und der Jahreszeiten bzw. des Zeitenwechsels |
Besonderheit | stehen für Ordnung und Jahreszeiten und überwachen das Leben der Menschen und die Himmelstore |
Eltern | unterschiedliche Angaben – unter anderem Zeus und Themis |
Die Horen als Hüter der Ordnung
Das griechische Wort hōra bedeutet „Zeit“ oder „Zeitabschnitt“, was für ein Jahr, eine Jahreszeit, eine Tageszeit oder eine Stunde stehen kann.
Die Horen galten als Jahreszeitengöttinnen und später dann als Göttinnen, die für Recht und Ordnung im Staat sorgten. Egal welche Jahreszeiten oder sittliche Mächte sie repräsentieren, es geht dabei immer um den Erhalt der Ordnung. Mit den Jahreszeiten zum einen um die natürliche Ordnung und mit der Ordnung bzgl. Recht und Gesetz um die gesellschaftliche, menschliche. Sie sind zuständig für die Zeit und den Kreislauf des Jahres, für die Zyklen des Pflanzenwachstums und für die Witterungsverhältnisse in den unterschiedlichen Jahreszeiten.
Da sie für eine festgelegte Reihenfolge von Tag und Nacht, Monaten und Jahren sorgten und somit auch dafür, dass die Zeit vergeht und die Menschen die Früchte ihrer Arbeit bekommen, gaben sie den Menschen Sicherheit. Auf die Horen und ihre Ordnung ist Verlass und so legten die Menschen auch ihre Systeme von Recht und Ordnung unter ihren Schutz.
Unterweisung in die sexuellen Mysterien
Die Horen hatten aber auch noch eine ganz andere Aufgabe. Als Nymphen der Göttin Aphrodite waren sie Geburtshelferinnen der Gottheiten und führten die Stundentänze auf. Dies übernahmen auch ihre Priesterinnen, die „Horae“. Das von den alten Priesterinnen erfundene System der Zeitmessung kennt man heute noch als Horologie („Instrument zum Erzählen der Stunde“ – Studium der Messung von Zeit).
Inspiriert von den Horen führten die Horae-Priesterinnen außerdem Männer in die sexuellen Mysterien ein. Es war eine heilige Handlung, von der sich heute das Wort „Huren“ ableitet. Das Wort Horai soll von „ich rege an“ oder „ich bewahre“ herstammen.
Die drei Generationen der Horen
Die erste Generation
Name der Hore | Göttin … |
Thallo | Göttin des Frühlings, der Knospen und Blüten, die Blütenbringerin und Schützerin der Jugend |
Auxo | Wachstum |
Carpo | – des Sommers, des Reifens und der Ernten. – Schützte die Wege zum Berg Olymp und hinterließ die Wolken, die sein Haupt umgaben, wenn einer der Götter ihn verließ. – War Dienerin von Persephone, Aphrodite und Hera |
Für die Griechen gab es früher nur drei Jahreszeiten: den Frühling, Sommer und Winter. Für diese wurden im Attischen die Göttinnen Thallo, Auxo und Carpo verehrt. Sie geben nacheinander regelmäßig ihre Gaben, wodurch die Jahreszeiten entstehen. Die Jahreszeitengöttinnen wurden attraktiv dargestellt, umgeben von bunten Blumen und anderen Symbolen, die Fruchtbarkeit ausdrückten. Sie wurden besonders von der Landbevölkerung verehrt.
In den ältesten Erzählungen waren sie die Gottheiten des himmlischen Wolkenwassers. Deshalb wurde ihre blumige Kleidung taunass dargestellt und sie besaßen außerdem einen Brunnen zum Baden. Man ging davon aus, dass die Erde ihren bunten Frühlingsschmuck war ihre Kleidung von taunass und sie besaßen zum Baden einen Brunnen voll Wolkenwasser. Da man davon ausging, dass sie für die Schönheit des Frühlings verantwortlich waren, hat man sie, wie die ihnen nahestehenden Chariten, auch als Frühlingsgöttinnen verehrt.
Die zweite Generation
Hesiods Theogonie bestand aus einer zweiten Generation von Horen, die die Göttinnen von Recht und Ordnung waren und die Stabilität der Gesellschaft aufrecht erhielten. Man verehrte sie vor allem in den Städten Athen, Argos und Olympia.
Name der Hore | Göttin … |
Dike | – Göttin der moralischen Gerechtigkeit. – Ihr Vater war Zeus, aber dennoch wurde sie sterblich geboren. – Zeus schickte sie auf die Erde, damit sie dort für menschliche Justiz und Gerechtigkeit sorgen konnte. – Nachdem er erkannte, dass dies unmöglich war, holte er sie zu sich auf den Olymp. |
Eunomia | – Göttin der Gesetzgebung und des Gesetzes. Ihre Eltern können Hermes und Aphrodite sein. |
Eirene | – personifizierte Wohlstand und Frieden – wurde als schöne junge Frau dargestellt, mit dem Horn des Überflusses, einem Rhyton oder einer Fackel und einem Zepter bei sich. |
Die dritte Generation
Sie wurden nur von wenigen Autoren genannt.
Name der Hore | Göttin … |
Pherusa | der Höfe und der Materie |
Euphoria | des Überflusses |
Orthosie | Göttin des Wohlstandes |
Die zwölf Stunden
Außerdem gibt es noch die 12 (ursprünglich nur 10) Schutzgöttinnen für die verschiedenen Stunden und Tageszeiten. Die alten Griechen hatten dabei keine Stunden mit fester Länge wie wir sie heute kennen. Stattdessen teilten sie die Tageslichtstunden in zwölf Teile auf, die durch den Sonnenstand am Himmel identifiziert wurden. So änderte sich die Länge einer Stunde, je nach den längeren Sommertagen und den kürzeren Wintertagen.
- Auge – erstes Licht
- Anatole oder Anatolia – Sonnenaufgang
- Mousika oder Musica – die Morgenstunde der Musik und des Studiums, nicht zu verwechseln mit den Musen
- Gymnastika, Gymnastica oder Gymnasia – die Morgenstunde der körperlichen Übung im Gymnasion
- Nymphe – die Stunde der morgendlichen Reinigung
- Mesembria – Mittag
- Sponde – die Trankopfer, die nach dem Mittagessen vergossen wurden
- Elete – Gebet, die erste der nachmittäglichen Arbeitsstunden
- Akte – Acte oder Cypris, Essen und Vergnügen, die zweite der nachmittäglichen Arbeitsstunden
- Hesperis – Abend
- Dysis – Sonnenuntergang
- Arktos – letztes Licht
„Eos (die Morgendämmerung) göttliche jetzt himmelwärts stieg mit dem allmächtigen Horai (Horae, Stunden), die zog sie an Zeus’Schwelle, schmerzlich loth, noch erobert durch ihre sanften Flehen, wie Salbe die bitterste Trauer der gebrochenen Herzen.“
Quintus Smyrnaeus, Fall von Troja 2. 658 ff
Als Jahreszeiten darstellende Gestalten werden vier Gruppen von Horen unterschieden:
- Erinen des Frühlings
- Xanthen des Sommers
- Oporinen des Herbstes
- Cheimerien des Winters